Geigeralm
Partnerbetrieb, BAD ISCHLER Salzzart & Natursalz, Verarbeitender Betrieb - Zurück zur Übersicht
„Ich folge keinem Trend, ich folge nur mir. Und meiner Frau.“ Dominik Utassy kocht auf der Geigeralm.
Ein Gespräch über französische Küche, Hyperregionalität als Marketing-Gag und doppelte Wände für Wilderergut.
Es ist später Vormittag. Wir sitzen auf der Terrasse der Geigeralm und trinken fantastischen Cappuccino. Es wird nicht bei einem bleiben.
Du bist schon so viel herumgekommen, bevor du in den Familienbetrieb eingestiegen bist, wo hat deine Laufbahn begonnen?
Ich war in der fünfjährigen Tourismusschule in Bad Aussee – mit dem Abschluss war man damals ausgelernter Koch und Kellner. Schon in meiner Schulzeit hab‘ ich ein Praktikum im Raffles Singapore Hotel gemacht, dort hab‘ ich dann John Sloan kennen gelernt, den Teammanager vom Nationalteam Singapur, und der hat mich zu der Olympiade der Köche in Erfurt mitgenommen. Dort bin ich dann das erste Mal in die Welt der internationalen Spitzengastronomie eingetaucht und dann war für mich klar, wo ich einmal hin möchte.
Nach der Schule dann war ich für zwei Jahre in Lech im Hotel Gasthof Post. Das war der perfekte Einstieg in die gehobene Gastronomie, denn der Betrieb wurde sehr familiär geführt und auf die Leute gut geschaut. Der Anspruch war aber trotzdem hoch – wir wurden gefördert und gefordert. Das hat mich beeindruckt und die Erfahrungen dort haben bis heute in mir Vorbildwirkung.
Ein nobles Haus.
Ja, aber nicht meine letzte Station. Es folgten die Südtiroler Stuben im Schuhbecks München, Singapur Grand Hyatt Hotel, der Tiger Palast in Frankfurt, das Lafleur – auch in Frankfurt, das Olivo in Stuttgart und, ebenfalls in Stuttgart: Kerns Pastetchen. Und dann (er macht eine Pause und atmet aus) – Altaussee.
War das schwierig, dass du in die Welt gegangen und nicht erst einmal hier geblieben bist, um zu kochen?
Ich hab‘ daheim ja nie gekocht. Ich bin gleich nach der Schule und dem Bundesheer für zwei Jahre nach Lech gegangen.
Erzähl, wie war das damals genau, als du wieder nach Altaussee zurückgekommen bist?
Zu dem Zeitpunkt waren Eva und ich in Stuttgart, ich hab‘ bei Kerns Pastetchen gearbeitet und Herr Kern suchte nach einem Nachfolger. Wir hätten gerne übernommen – konnten uns aber mit dem Vermieter nicht einigen. Also haben wir uns in Stuttgart umgeschaut. Die Pachten waren aber so hoch, das wär‘ mit einem Gourmetrestaurant nicht lukrativ gewesen. Nach einem dreiviertel Jahr Suche hat mich dann mein Vater gefragt, ob wir die Geigeralm übernehmen wollen – meine Eltern haben ja auch noch das Jagdhaus Seewiese.
Und zwei Wochen später ist meine Frau wieder schwanger geworden, sie hat das auch schon in Frankfurt geschafft, dass sie keine Kisten schleppen muss. (Beide lachen herzlich und schauen sich verschmitzt an.)
Wann habt ihr die Geigeralm übernommen?
Im Dezember 2018 haben wir aufgesperrt.
In den letzten 10 Jahren hat sich in der Gastronomie irrsinnig viel getan. Fühlst du dich von den ständig neuen Trends sehr getrieben?
Nein, ich war immer bei reifen Küchenchefs, die wussten, was sie wollen und eine Linie hatten. Das waren alles Köche aus der französischen Küche, der klassischen alten Schule eben. Ich hab‘ mich mein Leben lang intensiv mit dieser Basisküche auseinandergesetzt. Hochmoderne Avantgardeküche hab‘ ich mir dann im Olivo in Stuttgart angeschaut – und für mich relativ schnell abgehackt. Für mich persönlich wird da zu wenig gekocht.
Bitte nicht falsch verstehen, die Köche, die so kochen, machen ihre Jobs ausgezeichnet und arbeiten sehr kreativ. Aber die Basisküche, etwa das Thema Jus, steht da ganz weit hinten. Trends sind für mich relativ uninteressant und Avantgardeküche ist ohnehin rückläufig.
Gerade herrscht ja ein Trend zu einer Art Hyperregionalität, das seh‘ ich auch von zwei Seiten. Einerseits finde ich diese Entwicklung hin zu regionalen Produkten super, und ich schau‘ auch, dass ich möglichst regionale Zutaten einkaufe. Aber ich würde Lebensmittel niemals aus meiner Küche verbannen, nur weil sie nicht regional produziert werden können. Viele, die nach außen hin so eine klare Position vertreten, kochen dann ja trotzdem mit Pfeffer und Zitrone – das ist dann auch nicht konsequent! Dann ist das für mich eher eine Marketing-Geschichte.
Vielleicht kann man es so zusammenfassen: Regionalität ist gut und wichtig, aber du willst dir damit kein Korsett überziehen.
Meine Küche lebt nur von der Qualität des Produkts, weil ich sehr wenig damit mache. Da kommen jetzt nicht 100.000 Kräuter dazu. Fleisch und Fisch machen 60 Prozent von der Menge am Teller aus, 20 Prozent Jus, 20 Prozent Beilagen.
Das gilt natürlich auch für meine vegetarischen Gerichte: Der Spargel muss bei mir ein richtig schöner, dicker Solospargel sein. Fertig. Keine Kompromisse.
Du schaust dir Trends an, nimmst dir, was dir gefällt, folgst aber keinen Dogmen.
Ja genau. Ich kenn‘ meine Stärken und habe meine Vorlieben. Das reicht für mich. Ich folge keinem Trend, ich folge nur mir. Und meiner Frau.
Magst du uns noch ein bisschen über die Geigeralm erzählen?
Ja. Mei Vatl, der Pauli, der war bei Fischer Ski und für das Ski-Service bei Markus Wasmeier (Skirennläufer) zuständig. Er ist auf Pisten in der ganzen Welt herumgekommen. Was den Pauli immer angezipft hat: Dass es in den ganzen Skihütten immer eine Fließentreppe ins WC gegeben hat und dass überall Selbstbedienung war. Markus und ihm blieb ja nichts anderes übrig, sie waren ja immer auf der Piste, also mussten sie auch in solche Selbstbedienungsrestaurants essen gehen. Markus hat während seiner Skikarriere schon damit geliebäugelt, ein Bauernhofmuseum aufzumachen und hat schon in seiner aktiven Zeit begonnen, alte Gebäude abzutragen, um sie dann für sein Museum wieder aufzustellen. Er hat dann auch die beiden Troadkästen für Pauli organisiert – und damit wurde dann die Geigeralm gebaut.
Kurz zur Erklärung für unsere Leserinnen und Leser: Traodkästen sind Getreidespeicher, das Wort leitet sich vom bairischen Dialektwort „troat“ oder „traid“ (für Getreide) ab.
Ich möchte da noch eine lustige G’schicht zu einem der Troadkästen erzählen. Um das Fundament dafür zu bauen, braucht man die genauen Maße. Allerdings stand der Troadkasten in einem stark verwilderten Gelände. Also mussten Pauli und Markus den Troadkasten innen abmessen und dann haben sie die Wandstärke dazu gerechnet. Als dann das Meierl stand und der Troadkasten kam, war der Troadkasten einen Meter zu lang fürs Meierl!
Aber wisst‘s, warum?
Die Troadkästen hatten früher doppelte Wände, weil die Bauern da das Wild versteckt haben, das sie dem Kaiser oder dem König weggeschossen haben. Und genau der Meter für die doppelte Wand hat dem Meierl dann natürlich gefehlt.
Sie haben das Meierl dann natürlich noch angepasst und 1996 starteten der Pauli und meine Mama die Geigeralm als Skihütte.
Bevor wir die Geigeralm 2018 übernahmen, haben wir uns natürlich Gedanken gemacht:
Für uns war klar: Wir wollen das ganze Jahr davon leben können, aber wir wussten von meinem Vater auch, dass die Sommer schwierig sind: Die Aussicht auf der Blaa Alm oder am Loser können wir herunten, quasi direkt bei der Liftstation, nicht bieten. Aber wir wollten einfach auch das machen, was die Eva und ich gelernt haben. Eva hat dann vorgeschlagen, einen Weinkeller zu bauen. Da hat’s mich dann einmal geschlagelt, aber bitte, wir haben dann gesagt, wir probieren’s einfach mit der gehobenen Küche, Preis-Leistungsgerecht, so, dass das Lokal voll wird.
Wer kommt zu euch?
Eva: Sehr verschieden: Einheimische, Zweitwohnbesitzer, manche fahren sogar vom Wolfgangsee her.
Dominik: Und manche von Monaco.
Beide lachen. Und ihr klares, kompromissloses Konzept gibt ihnen recht: Dominik Utassy wurde 2022 von Gault Millau mit der dritten Haube ausgezeichnet.
Dominik ist übrigens leidenschaftlicher BAD ISCHLER Natursalz-Koch und hat so seine eigenen Erfahrungen mit dem Salz gemacht. Neugierig? Hier geht's zum Erfahrungsaustausch von Dominik mit unserer Haus- und Hof- Natursalz-Expertin Claudia Apfelböck-Hagen!
Mit Eva Utassy haben wir über ihre Erfahrungen als Somelière gesprochen und wie Spitzengastronomie und Weinanbau langsam von Frauen erobert werden. Und natürlich haben wir Eva auch über den außergewöhnlichen Bestand ihres Weinkellers auf der Geigeralm befragt.