Bodenständig. Außergewöhnlich. Für Eva Utassy kein Widerspruch.
Wir haben mit Eva über ihren Weinkeller und Frauen in der Spitzengastronomie geplaudert.
Eva Utassy ist in Schönbuch im Umkreis von Stuttgart aufgewachsen und hat in Bebenhausen ihre Ausbildung in einem kleinen, familiär geführten Restaurant absolviert. Nach einem kurzen Intermezzo in Tübingen wechselt Eva zu Bernhard Diers in die Zirbelstube (Stuttgart): „Das war damals der beste Koch in der Umgebung.“ Dort lernt Eva unter dem Sommelier Holger Schramm den Wein lieben.
München. Sie bleibt aber vorerst beim Service und landet, „quasi über die Küche vermittelt“, im Tantris in München. Dort trifft sie auch Paula Bosch, die im Tantris immerhin über 35.000 Flaschen Wein wacht. Paula Bosch ist zu diesem Zeitpunkt bereits die Grande Dame der deutschen Sommelièren, die 1988 vom Gault Millau nicht nur als beste Sommelière des Jahres, sondern als erste, die diese Auszeichnung überhaupt erhielt, gekürt wurde.
Eva arbeitet eng mit Paula Bosch zusammen, bleibt aber ihrem Posten als Chef de Rang vorerst treu.
Eines Tages isst sie mit einer Freundin gemeinsam zu Mittag. „Wir haben eine Flasche Idig Riesling, großes Gewächs, getrunken, und dann haben wir uns gefragt: Wie kann das sein, dass Wein so facettenreich schmeckt und so viele Nuancen hat?“
2011 beginnt Eva die Ausbildung zur Sommelière in der Deutschen Wein- und Sommelier Schule in München. „Vier Tage hab‘ ich gearbeitet, zwei Tage war ich in der Schule und einen Tag hab‘ ich gelernt. Mein ganzes Leben hat sich plötzlich um Wein gedreht. Natürlich hab‘ ich mir auch die Arbeit im Weinberg angeschaut, war auch mehrmals in Frankreich und in Deutschland auf Weingütern für Praktika.“
Frankfurt. 2013 zieht sie nach Frankfurt und beginnt als Sommelière bei Alfred Friedrich im Lafleur. Eine weibliche Sommelière ist, bis heute, eher ungewöhnlich. Denn die gehobene Gastronomie ist, vom Maître über den Sommelier bis zum Chef de Cuisine, auch heute noch männlich dominiert. Allerdings zeichnet sich ein Umbruch ab: „Es kommen viele junge, wirklich hervorragend ausgebildete Frauen nach.“ Diese Entwicklung betrifft insbesondere auch die Winzerinnen-Szene. In den Weinbergen finden Generationenwechsel statt, immer mehr Töchter übernehmen die Betriebe. Gleichzeitig mischen Quereinsteigerinnen die Szene auf. „Es gibt natürlich noch die alte Riege, und das ist gut so, denn sie haben einen unendlichen Erfahrungsschatz, den wir Jungen uns erst einmal aneignen müssen. Ich halte nichts davon, so schnell wie möglich nach oben zu kommen. Erfahrungen kannst du nicht kaufen, die musst du selbst machen – und eben von den älteren Generationen erfragen.“
Freilich hat sich das Weingeschäft verändert, seit mehr Frauen in den unterschiedlichen Positionen ins Feld drängen. Für Eva wirken Frauen im Service leichter zugänglich, man ließe sich vielleicht eher beraten, auch, wenn man nicht unbedingt 100 Euro für die Flasche Wein ausgeben will, vermutet sie. „Letztendlich aber kommt es immer mehr auf die Expertise an und nicht auf das Geschlecht!“
Altaussee. Das Lafleur ist nicht nur wichtig, weil es Evas erste Stelle als Sommelière ist, hier lernt sie auch Dominik kennen. 2016 gründet sie nebenbei Korkenglück, bietet seither Weinseminare, Weinabende und natürlich Wein an. 2018 zieht die Familie – Dominik und Eva sind mittlerweile verheiratet und haben eine gemeinsame Tochter – nach Altaussee um und gemeinsam eröffnen sie die Geigeralm – mit eigenem Weinkeller, geführt von Eva.
„Unser Keller ist nicht spektakulär und unser Sortiment klein, aber ausgewählt: Wir führen österreichischen und deutschen Wein ebenso wie Weine aus Frankreich und Italien, verschiedene Champagner, Winzersekt, Schaumwein.“ Natürlich probieren Eva und Dominik immer wieder auch Neues. „Mir ist, neben der Qualität des Weines, aber vor allem auch wichtig, bei kleinen Winzern und Winzerinnen zu bestellen. Der persönliche Draht liegt mir sehr am Herzen. Man begleitet sich so gegenseitig durch das Jahr hindurch. Grundsätzlich aber folge ich bei der Auswahl der Weine meinem Instinkt.“ Es reicht also nicht, neu und hipp zu sein: „Der Wein muss schon unseren Qualitätsansprüchen entsprechen, um auch in unseren Weinkeller einziehen zu dürfen. Da bin ich vielleicht eher klassisch unterwegs.“ Oder mit anderen Worten, die das Ambiente der Geigeralm und ihrer Wirtsleute auch gerecht werden: bodenständig und außergewöhnlich.